Grußwort zum 52. Pfarrerinnen- und Pfarrertag

Iris Döring 

 

Liebe Mitglieder des Pfarrvereins, lieber Herr Maurer, liebe Gäste,

 

herzlich danke ich Ihnen für die Einladung zu Ihrer heutigen Tagung und überbringe Ihnen die herzlichen Grüße der Kirchenleitung und von Präses Dr. Latzel.

 

Ordination – Chance oder Risiko? Auf den Vortrag und die gemeinsame Arbeit zu diesem Thema freue ich mich sehr und bin gespannt darauf.

 

Als Juristin beschäftige ich mich natürlich regelmäßig mit den sogenannten Rechten und Pflichten aus der Ordination. Und immer wieder stoße ich auf meine eigenen Fragen. Die Juristin sagt, wir haben es mit unbestimmten Rechtsbegriffen zu tun, wenn es heißt: „Die Ordinierten sind durch die Ordination verpflichtet, das ihnen anvertraute Amt im Gehorsam gegen den dreieinigen Gott in Treue zu führen, das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift bezeugt ist, rein zu lehren, die Sakramente ihrer Einsetzung gemäß zu verwalten, ihren Dienst nach den Ordnungen ihrer Kirche auszuüben, das Beichtgeheimnis und die seelsorgliche Schweigepflicht zu wahren und sich in ihrer Amts- und Lebensführung so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigt wird.“

 

So beschreibt § 3 Abs. 2 des allen EKD-Gliedkirchen gemeinsamen Pfarrdienstgesetzes die dienstrechtlichen Pflichten aus der Ordination. Aber was bedeutet das konkret? Juristisch und theologisch sind wir herausgefordert, immer uns zu erinnern, wie der Begründungszusammenhang dieser Rechte und Pflichten aus der Ordination ist. Aber es geht ja um viel mehr, als um rechtliche Definitionen. Die Ordination ist eine Zäsur, ein Höhepunkt oder zumindest ein ganz heraus gehobenes und einzigartiges Ereignis für die oder den zu Ordinierenden und die Gemeinde, die die Ordination beantragt hat. Da geht es nicht nur um Rechte und Pflichten, sondern es wird ein geistliches Amt übertragen. Und schon wieder fragen wir uns, was ist denn gerade das Besondere, das spezifische, an diesem Amt?

 

In unserer Evangelischen Kirche im Rheinland ordinieren wir Theologinnen und Theologen mit wissenschaftlicher Ausbildung und zweitem Examen auf dem Weg ins Pfarramt und Menschen, die andere Berufe haben und sich nebenamtlich bereit erklären, zu predigen, Sakramente zu verwalten und Menschen seelsorglich zu begleiten. Und wir ordinieren Menschen aus anderen Berufen, z.B. Diakoninnen und Gemeindepädagogen, die in einem kirchlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen. Es ist für Menschen, die nicht sehr regelmäßig am Leben einer Gemeinde teilnehmen, nicht zu erkennen, ob der Mensch, der dort vorne im Gottesdienst predigt und den Talar trägt, gerade eine Pfarrerin, ein Diakon oder eine Ehrenamtliche ist. Manchmal führt das auch zu Spannungen. Theologinnen und Theologen möchten in ihrer theologischen und seelsorglich durch langes Studium und praktische Ausbildung erworbenen Kompetenz wahrgenommen werden. Nebenamtlich tätige Menschen reklamieren für sich Grenzen in zeitlicher Hinsicht und geraten mitunter in seelsorgliche Situationen, für deren Umgang sie nicht ausgebildet sind. Ökumenisch und schon innerhalb der EKD stößt dieses Verständnis von einer gemeinsamen und gleichen Ordination für alle, die auf unterschiedliche Weisen hierfür zugerüstet wurden, mitunter auf Unverständnis oder gar Ablehnung.

 

Und doch zeigt diese eine Ordination, welchen Reichtum wir mit unserem ordinierten Amt haben. Und gleichzeitig stellen sich daran Fragen, was dann das Spezifische des Pfarramtes ist. Und so hängt das Verständnis der Ordination ganz eng mit dem Pfarrbild zusammen, das eine Kirche, aber auch jeder von uns ganz individuell hat.

 

Dass es nicht nur abstrakte akademische Theologie ist, die uns die Frage nach der Ordination stellen lässt, sondern geistliches und praktisches Anliegen zugleich, beschäftigt uns z.B. auch bei ganz konkreten Fragen: was unterscheidet den Pfarrdienst von anderen Diensten und Ämtern in unserer Kirche? Die Pflichten zur Verwaltung der Sakramente und Verkündigung des Evangeliums enden sicher nicht, weil ein bestimmtes Stundendeputat erfüllt ist. Und dennoch gibt es einerseits ordinierte Menschen, die als Angestellte mit einer festen Wochenarbeitszeit, mit Überstunden und Arbeitszeiten Dienst tun und Pfarrerinnen und Pfarrern, die ohne solche Begrenzungen ihr ordiniertes Amt ausüben. Was also bedeutet die Ordination im Hinblick auf Arbeitszeiten, Freiheiten des Dienstes, auf Präenzpflicht oder Erreichbarkeit. Da wird die Diskussion um die Ordination und das Pfarrbild ganz konkret. Auch wird es ganz aktuell, wenn wir uns nach dem Verhältnis des Pfarramtes zu anderen Ämtern unserer Kirche fragen: Gemeinsames pastorales Amt und multiprofessionelle Teams aus Ordinierten und nicht Ordinierten.

 

Daher freue ich mich, dass Sie heute so in das Herz des uns als Ordinierte und mit einem Amt beauftragte Menschen vorstoßen. Ganz sicherlich werden wir heute Mittag nicht mit dem einen Verständnis von Ordination und einem neu gewonnenen Konsens über ein Pfarrbild und die daraus folgenden Konsequenzen für die Praxis aus diesem Raum heraus gehen. Aber vielleicht haben wir uns gegenseitig gestärkt als Schwestern und Brüder im Ordinierten Amt. Ganz sicher werden auch die spannungsgeladenen Gesichtspunkte zur Sprache kommen – so gut kenne ich Sie ja aus all den Jahren! Aber gerade weil es auch immer wieder Anfragen und auch schmerzvolle Erfahrungen mit dem so unterschiedlichen Verständnis und Umgang mit der Ordination gibt, gerade darum ist es auch so wichtig, dass wir uns diesen Fragen stellen und am Ende mehr Verständnis füreinander entwickeln und den eigenen Standpunkt verdeutlichen zu können. Daher ist es sicher auch eine geistliche Beschäftigung, die wir hier heute treiben. Ich danke Ihnen, dass Sie dieses geistliche Thema angehen!

 

So danke ich Ihnen für Ihren Einsatz um die wichtigen Themen für unsere Pfarrerinnen und Pfarrer und Pastorinnen und Pastoren, für alles Engagement, auch für ihre kritische Begleitung und wünsche Ihnen einen gelingenden und gesegneten Pfarrertag!